Mittwoch, 20. Februar 2008

Oxford University und das Oxforder Chorleben

Nabend!

Die beiden Unis, Oxford University und Oxford Brookes University, sind zwei konkurrierende Universitäten, an letzterer studiere ich selbst, die erstere ist jedoch die bekanntere. Ich hatte letzte Woche die Gelegenheit, im Rahmen einer Führung die ehrwürdigen Gemäuer der Konkurrenz zu besichtigen und konnte einen kleinen Einblick in das elitäre Studentenleben bekommen.

Die Oxford University besteht wiederum aus 39 kleinen Colleges, das bekannteste und größte derer ist das "New College".
Ein Student des New College muss alle drei Tage einen "Essay" (Aufsatz) von 2000 Wörtern schreiben (=10 bis 12 Seiten?). Dieses muss in einer "Community" mit anderen Studenten "discussed" und ggf. überarbeitet werden (ich benutze die originalen Begriffe, weil sie sich teilweise gar nicht wort-wörtlich übersetzen lassen). Am Ende dieser drei Tage wird das Essay (being discussed) von einem "Prosecutor" "attacked" und muss dementsprechend unter "defence" gestellt werden, sozusagen eine Prüfung, die drauf abzielt eine Schwachstelle in der studentischen Argumentation zu finden.

Besteht der Student diesen attack, kann er das nächste Essay schreiben. Passiert dies nicht, muss er das nächste Essay in time schreiben und GLEICHZEITIG das alte überarbeiten - discussion in community - prosecutor´s attack, das ganze doppelt. Ich denke, dass passiert einem Studenten nur einmal, wenn überhaupt.
Man sagt, dass die Oxfordschen Studenten deswegen die redegewandtesten sind, prominentes Beispiel ist Tony Blair.

Beim Rundgang durch eine Kapelle im New College fiel mir ein Denkmal von gefallenen Studenten aus dem 1. Weltkrieg auf, eine große Tafel für die Engländer und eine kleine Tafel von drei ausländischen Oxfordstudenten. Einer hieß Prinz Wolrad-Friedrich zu Waldeck-Pyrmont. Es "freute" mich natürlich, in einer zugegeben merkwürdigen Art und Weise, an die Heimat erinnert zu werden. Internetrecherchen nach dieser Person blieben allerdings erfolglos. Vielleicht weiß jemand zu ihm mehr?

Zu der Kapelle gab es früher eine Regel: Man hatte als Student jeden Morgen während des gesamten Studiums die Andacht zu besuchen. War dies nicht der Fall, aus welchen Gründen auch immer, wurde man der Uni verwiesen.

Nun zu den Chören:
Ich singe einmal im Chor der Uni Oxford Brookes und zum anderen im Oxford Gospel Choir.
Beide bestehen aus erstklassigen Blattsängern, allerdings ist die Kompetenz der Chorleiter eher... ich sag mal "übersichtlich". Das Repertoire ist mit Klischeemusikern, wie Henry Purcell auf der klassischen Seite und Kirk Franklin auf der popularmusischen Schiene vom Anspruch her ebenso übersichtlich, aber es macht schon Spaß. Der Studentenchor ist drauf getrimmt (der Begriff passt absolut), etwas vom Blatt beim ersten Mal zu singen, beim zweiten Durchgang wird im Tempo mitgeklatscht - "Originaltempo, meine Herren" - und das wars dann auch ziemlich. Kurz: Eine hervorragende Leistung im Blattsingen mit der Dampfhammermethode eingeleitet aber das wars dann auch. Jegliche musikalische Arbeit des Chorleiters lässt auf sich warten. Schwere Umstellung für einen Bach- und Mendelssohn-verwöhnten Deutschen.
Keine Hilfen beim Einüben - nur trockenes Absingen immer wieder - was hams doch meine Jungs und Mädels gut! ;-)

Der Oxford Gospel Choir besteht aus ebenso guten Sängern/innen, die bestimmt gut vom Blatt singen könnten, aber - keine Noten - *strike* Die 4(!) Chorleiterinnen unterbieten sich leider gegenseitig mit Rhythmusgefühl, dafür ist die Pianistin quite good.
Zuerst probt der "Professional Choir" (ca. 20 Personen), dann der "Community Choir" (ca. 60), wer in ersterem singen möchte, muss eine "audition" bestehen (ich tat es heute, es war die Kürzeste bisher, wie ich mir sagen ließ).

Die Leutchen machen ihre Sache gar nicht schlecht, grade der Sopran ist verdammt gut, ein a´´ oder h´´ hat eine selten gehörte Brillanz. Leider brauchen die Leiterinnen Stunden für einfache Phrasen, das ist recht ermüdend. Man steht bis zu 20 Minuten, ohne einen Ton gesungen zu haben, mein Chorleitungslehrer (Gott hab ihn selig) hätte mich dafür erschossen.

Die nächsten Tagen stehen einige Bandproben auf dem Programm, ich melde mich dann wieder...

3 Kommentare:

Marius hat gesagt…

alle 3 tage einen essay mit 1000 bis 2000 wörtern? stimmt das wirklich?
ich kann mir unter diesen umständen garnicht vorstellen, wie die studis noch zu etwas anderem kommen sollen. mann muss ja auch recherchieren dafür, oder nicht?

Oxford hat gesagt…

jo, das war die Info des Touristenführers, habe extra noch einmal nachgefragt. Das ist kaum zu schaffen.

Marius hat gesagt…

das sind keine studenten, das sind maschinen! :-)